Die folgende Geschichte hat Erwin Weigand so verkürzt und teils im Originalton aus Hugo Martis Buch über Rudolf von Tavel abgeschrieben.
Einmal betrat auch ein Mann vom Land, leicht erkennbar an seiner halblynigen Kleidung, den Laden. Die Ladejumpfere wusste nicht recht mit ihm umzugehen, und so fragte sie leicht übersühnig: «Was wär gfellig?» Einen Lebkuchen wolle er, aber einen schönen grossen.
Sie hatten im Laden immer einige vorrätig, schon wegen den Fremden, und so holte die Verkäuferin einen aus der Montere (Schaufenster), von dem sie vermutete, der Mann habe ihn im Vorbeigehen gesehen. «So öppis?» fragt sie und zeigt ihn dem Landmann.
Der Buur: «Wie tüür dä?»
Durheim chly obenabe: «Drüü füfesibezg»
Der Buur: «So? Drüü föifesibezg? Hiit Dr kener grössere? Uf ne Föifedryssger chunnt's mr nid a.»
«Bhüet is wohl. – Bis zu're halbe Jucherte», sagt der Herr Durheim und nimmt eine Bärner Läckerli-Tafel aus der Vitrine. So gross wie eine Schiefertafel. «So öppis?»
«Prezis, da isch es si emel de o derwärt, dryz'bysse. Wie tüür dä?»
«Dä chunnt Ech uf füüf.»
Das Format gefällt dem Kunden schon besser, nur die Aufschrift "Gruss aus Bern" kann es ihm nicht, das sei dumm. Es sollte sein Name Adolf darauf stehen. Das könne man machen, und er müsse halt eine Stunde wegen der Trockenzeit warten.
Damit einverstanden erwidert der Bauer: «He ja, i chönnt ja zwüschenyhe no hurti i "Stärne" hingere, i mangleti dert no mit iim ga z'rede.» Darauf zottelte er gemütlich durchs Bollwerk hinaus.
Die Ladenleute machten sich nicht wenig Sorgen, ob sie sich nicht vergebens Arbeit gemacht hätten; trotzdem liess der Zuckerbäcker gross "Adolf" auf das Gebäck schreiben. Pünktlich nach einer Stunde stand der Adolf jedoch im Laden und betrachtet missmutig das ihm dargebotene Werk.
«Isch es öppe nid rächt?» fragt die Ladentochter, und der Besteller stellt fest, dass jetzt "Adolf" darauf stehe, er aber nicht so hiesse, er heisse "ADOLPH" mit PH hinten. So wie das jetzt geschrieben sei dürfe er es niemandem zeigen. Richtig toube isch er gsi:
«....U so wott i's ha. U fertig! Süsch frässit miera dä Läbchueche säuber.»
«Hehe! Nume nid grad so ruuch, Mano! Me chan Ech ja das ändere, we' Dr drann hanget.»
«He nu guet. So machit! Angers wott ne nid.»
Während der Lebkuchen in der Backstube überarbeitet wurde, offerierte ihm Meister Durheim ein Gläschen Anisette, welches mit: «Chly wohl süess, aber i ha's de no gärn.» quittiert wurde. Für den nun korrekt beschrifteten Lebkuchen bezahlte er anständig mit seinem Füüfliber und bedankte sich für das Gläschen. Einpacken müsse sie dä Läbchueche nicht: «Es manglet's nid», wehrt der Herr Adolph ab, «löit das nume la sy. I ha ne für mi säuber gchuuft, un i isse ne grad uf em Heiwäg. – Nüt für unguet! U bhüet Ech der lieb Gott auisame. Adie.»
Darauf verliess er zufrieden den Laden.
Etwas weniger weit zurück in der Geschichte müssen wir gehen, um die ersten Berner Haselnusslebkuchen aufzuspüren. Im «Neuen Berner Kochbuch» von 1835 ist von Haselnuss-Läckerli die Rede. Offenbar behielt der Lebkuchen bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts sein Läckerli-Format. Erst 1946 tauchte der Begriff Haselnusslebkuchen in einem Fachbuch auf.
Ärmere Bevölkerungsschichten konnten sich früher Zuckergebäcke kaum leisten. Deshalb kam der Haselnusslebkuchen – wenn überhaupt – nur an Feiertagen auf den Tisch. Einer, der sich die süsse Versuchung wohl öfter leisten konnte, ist der bekannte Berner Mundartdichter Rudolf von Tavel (1866 – 1934). Er wuchs im selben Berner Altstadthaus am Bahnhofplatz auf, in dem sich heute die Confiserie Eichenberger befindet. Schon als von Tavel als Bub über die Treppen wetzte, lockte im Parterre eine verführerische Auslage: Der «Paschtetlibeck» Durheim sei berühmt gewesen für seine «Bärner Läbchueche», heisst es. Wie ein braver Mann vom Land namens Adolph damals zum Lebkuchengenuss gekommen ist, erzählt Rudolf von Tavel in einer Anekdote.
Genau dort, wo einst Meister Durheim wirkte, lebt die reiche Berner Lebkuchentradition weiter. Heute finden Sie in der Confiserie Eichenberger am Bahnhofplatz 5 eine einzigartige Auswahl der legendären Gebäcke. Seit 1959 pflegt die Familie Eichenberger mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern das kostbare Erbe. Der Ehrgeiz, den vollkommenen Haselnusslebkuchen zu schaffen – genährt von viel Herzblut und unternehmerischem Erfindergeist – ist der eine Teil des Erfolgsrezepts. Der andere Teil bleibt geheim: Aus frischen Haselnüssen und Honig bestehe der Gaumenschmaus. Aber mehr verrate man nicht, heisst es in der Backstube. Da gibt es nur eines: Probieren geht über studieren!